Samstag, 5. September 2015

Ruhrpott

Hmm... neulich... ist schon etwas her... halt neulich... lach.... war ich mit meiner Freundin bei den Ruhrpoeten.

Es war schön. Geschichten von Menschen aus dem Pott.
Wir sind Multi...
Multikulti... multikultinational... also ein bunter, zusammengewürfelter Haufen.

...

Bergleute aus allen Ecken der Erde.
Und wir wohnen schon lange zusammen, haben uns also aneinander
gewöhnt.... sollte man meinen. (!)

Hmmmmmmmmmmm


Manchmal, manchmal... wenn ich die Schlagzeilen lese, denke ich darüber
nach. Wann gewöhnt man sich daran, eine bunte Kultur zu haben.

Ich für meinen Teil bin ja so.
Wenn ich mich einmal an etwas gewöhnt habe
und mir geht es gut dabei, ich bin also zufrieden, dann möchte ich nichts daran ändern.
Also, ich möchte so bunt bleiben.
Bunte Geschichten erzählen können.

Da, bei den Ruhrpoeten, da wurden Geschichten vorgelesen.
Geschichten von früher, von den Menschen.
Von der schwarzen Asche, die auf die Häuser und auf die weiße Wäsche
niedergeregnet ist.

Ist heute unsere Wäsche weiß? Ist sie das... wo keine Kohle druf liegt?

Vom Bergmann unter Tage, wurde erzählt.
Die Menschen, die vor den Häusern saßen, auf Beobachtungsposten sozusagen.
Oder auf der Lauer nach Geselligkeit. Weil irgendwann, musste mal einer zum
Quasseln vorbeikommen.
Von den Taubenzüchtern die am Wochenende ihre Tiere auf die Reise schickten.
Und, und, und....

Es wurden Erinnerungen wach.
Erinnerungen an meine Kindheit.

Ja, so war es... genau so...:
Ich war ein Teil dieser Geschichten.

Obwohl ich mich nicht so fühle, als würde schwarzes Gold
durch meine Adern fließen. Wir haben keinen Kohleofen mehr,
somit muss ich auch keine Kohle in meinen Keller schippen.
Dabei habe ich als Kind noch geholfen.
Vater hatte eine Schubkarre und wir hatten Spaten in den Händen.
Dann wurde über eine Rutsche die Kohle in den Keller geschüttet.
Also die Kohle in die Karre und den Inhalt der Karre in den Keller.
Da wo auch die Kartoffeln lagerten.

Wenn ich heute der Jugend sagen würde, ich schippe Kohle in meinen Keller.
Dann würden die doch glatt denken, isch hätte sonne Menge Holz. (Geld)

Nein, das alles ist nicht mehr. Doch muss ich zugeben, dass mir die Geselligkeit
meiner Vorfahren im Blut liegt. Im Wohnzimmer meiner Oma wurde gelacht,
Karten gespielt, gesungen, Kartoffelsalat gegessen und Aufgesetzten-Schnaps getrunken.
Es war der Treffpunkt, der Familie... besonders vor und an den Weihnachtstagen.
Ganz oft wurden Geschichten erzählt. Manchmal nur über die Nachbarn,
manchmal aber auch von Früher.

Da fällt mir Tante Lilli ein, die mit der riesen Oberweite.....-die Tochter von Onkel Teo und Tante
Änne... hahah
Sie hatte immer den selben Kittel an, glaube ich. Auf alle Fälle,
 habe ich keine Unterschiede in ihrem Styling wahrgenommen.-
Besonders hübsch anzusehen war es, wenn Sie die Stufen im Haus putzte und ich das Ende ihrer Kniestrümpfe zu sehen bekam. Das Gummi unter ihren Knien war so eng, dass es das rosa Fleisch der Beine, wie bei einem Michelin Männchen, abgebunden hat. :D
Wenn die Familie zusammen war und es wurden Geschichten von Früher erzählt, wollten wir Kinder nicht auffallen. Wir waren leise, denn Lilli hat uns Blagen an die frische Luft gesetzt, sobald es ihr in den Kram passte. "Nichts für eure Ohren bestimmtes, wird hier geschnattert!" "Ab mit euch Blagen, nach draußen!" Sagte Sie und kein Erwachsener hatte etwas dagegen zu einzuwenden.
Wir verschwanden dann auch umgehend, denn Ihre Statur flöhste uns tiefen Respekt ein.

Doch zurück zur Geselligkeit.
Genau so saßen wir vor Tagen in der kleinen Galerie bei Elisa, mit den
Mitgliedern der "kurve". Einer Gruppe von Künstlern aus Borbeck.
Wir saßen bei einem Glas Wein und erzählten uns Geschichten.
Unsere Eigenen und die Geschichten unserer Väter und Großväter.
Es war so wunderschön. Ja, manchmal war es auch traurig.
Aber zusammen traurig zu sein, ist besser als alleine.
Das gibt Halt.

Nein, ich bin nicht in der Grube gewesen und meine Kinder werden es auch
nicht kennen lernen. Wir haben keine Kanarienvögel, Beatle, Tauben und Lauben im
Garten. Wir leben anders und doch, doch sehe ich, wie viel mir solch ein Abend
gibt und nicht nur an Erinnerung. Bin doch ein Ruhrpottkind, was mit hömma, machma, hasse, bisse,
gibse, wirse, nich, mich u.s.w. groß geworden ist.

Das mein Vater  Kaninchen gezüchtet hat, hinten im Garten von Omma.
Das meine Mutti eine Suppe  gekocht hat und darin waren  die kleinen Flugtauben vom Josef.
Das war Ruhrpott und die Seele lebt bekanntlich weiter.

Josef war aus Polen und wohnte auf der anderen Straßenseite. Aber bei Omma durfte er
seinen Tauben ein Zughause geben. Ganz umsonst, weil in seinem Garten kein Platz war.
Dafür bekamen wir etwas für die Suppe.
So aßen wir die Tauben, aus dem Taubenschlag, von Ommas Garten.

Wenn wir Kinder die Gesellschaft verlassen mussten, dann gingen wir in den großen
Garten. Hier wo mein Vater 4 Bete mit Kartoffeln hatte und was es sonst noch alles
zu pflanzen gab.
 Hühner gab es, denen wir durch den Maschendraht,
unsere Regenwurm-Beute zu fressen gaben.


Ja, die Erinnerung an die Feiertage bei Kartoffelsalat und Würstchen sind noch da. Das von Tante Elsbeth der Sohn .... mit diesen wunderschönen Augen, Augen die von Wimpern umrahmt waren, wie bei einem Teppich die Fransen.... sein Akkordeon zum Spielen hervorholte und dass von allen Anwesenden, Lieder von Seemännern gesungen wurden. Das die Karten immer auf den Tisch lagen, für ein Doppelkopfspielchen. Und es wurde gespielt, darauf konnte man sich verlassen.
Beim Spiel hatte meine Oma es plötzlich mit Herzstichen zu tun, damit wollte Sie verdeutlichen, dass Sie viele Herzen auf der Hand hatte, um ihrem Mitspieler einen Tipp zu geben. Auch das Kreuz machte dann Beschwerden und hier und da pickte es fürchterlich. Doppelkopf war das Spiel der Spiele. Auch ich habe es gelernt und wusste zu Reizen.
Haha....


Dann Onkel Theo, der Onkel,  der nie Luft bekam und einen ekligen Spucknapf sein Eigenen nannte. Pfui ... das war so Iiiiiiiiiiiiigiigit.... und diesen Duft den er verbreitete. Nur seine Zigarre roch für mich schlimmer.

Tante Änne mit dem Vogelnest auf dem Kopf. Die Haare waren wie ein zweiter Kopf toupiert und fanden sich in einem kunstvollen umflochtenen Dutt wieder.

Wie Lilli hatten alle Frauen  diese dunkelblauen  Kittel an,  in einer Tasche war immer ein Taschentuch mit selbst umhäkelter Spitze und in dem anderen ein Staubtuch. Ungefragt wurde uns mit dem einem die Nase geputzt..."Schnüff mal" hieß es und mit dem anderen wurde schon mal über die Schuhe gewischt.... oder sonst wo... also immer irgendwo.

Meine Großmutter hatte diese kleinen Locken, eine Dauerwelle, die an der Luft getrocknet wurde und mit zwei Kämmchen  rechts und links hinter den Ohren gebändigt wurden.  Meine Großmutter war eine Frau die wenigsten 100 kg auf die Waage brachte und dabei war Maria nicht groß. Sie sah von hinten schlank aus, denn Ihr Gewicht trug Sie nur nach vorne. Auf ihrem Schoss konnte man nur sitzen, wenn man beide Arme um Ihren Hals schlang. Ließ man sich los, hatte man die beste Rutschpartie. Huiii... das war fein.

Von Ihrem Küchenfenster im ersten Stock konnte man die Menschen der Straße bestens beobachten. Ihr Haus bildete den Abschluss der Straße an einem Berg und wer einkaufen wollte, musste die Straße hoch zum Markt oder zur Bude, an Ihrem Küchenfenster vorbei. Die Bank, die vor dem Fester stand, hatte Metall Beine und einen rot, schwarz gestreiften Plastik Bezug. Normal hatten zwei Personen darauf Platz. Nicht jedoch wenn Omma dort saß. Nun, ja ... mit mir auf ihrem Schoss, waren wir dann ja wieder zwei. Auf dem kleinen Tisch davor stand immer Ihre Nähmaschine. IMMER! Auch erinnere ich mich, dass oft ein Käsekuchen im Backofen war. Dieser Duft war einfach nur gut.

 Dann erfüllte das Haus ständig ein Duft von Tannennadeln. Das waren diese kleinen Tabletten, die in grünem Papier gewickelt auf dem Badewannen Rand lagen. Meine Großmutter liebte es zu Baden und ehrlich, es stand immer dieses grünliche Wasser in der Badewanne... immer!
Meine Mutti, meine Schwester und  haha... ich.

Ach... wisst ihr was...

Ich glaube ich kaufe mal eines dieser grünen Tabletten.

Einfach mal in der Wanne liegen wie Omma damals und mal sehen, ob ich ihre Gedanken denken kann....

Irgendwo hier müssen Sie doch rumschwirren. Sie können doch nicht verloren gegangen sein.
Lach....

Einen wunderschönen Tag wünsche ich euch noch, mit lauter schönen Geschichten von früher
und vielleicht schafft ihr es... wie wir bei Elisa in der Galerie, ein Stück Ruhrpottgeselligkeit
zurück zu holen.

Es liegt doch in der Luft.
Vielleicht einmal mit euren Nachbarn.
Er kennt bestimmt auch Geschichten die er erzählen kann.
Vielleicht sind es spannende Geschichten von einer Flucht.
Vielleicht von geselligen Abenden von seinem Zuhause.

Sagt später nicht... hätte ich ihn einmal gefragt, den Nachbarn, wenn er nicht mehr da ist.
Aus welchem Grund auch immer.

Eure Oppi





9
Oben in der Mitte ist Tante Änne mit mir. :)


Papa Mutti und Petra ... mein Kinderwagen. :D



2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es ist ja so, liebe Oppi, wenn dann mitmal so viele Menschen aus aller Herren Länder einmarschieren, dann ist das so, als würde man von einer Staumauer die Mauer einreißen. Das geht nicht ohne Druck und Emotionen ab. Außerdem gilt es ja auch, Kulturen zu erhalten. Nicht umsonst hat der Liebe Gott verschiedene Völker und Kulturen erschaffen. Es ist nicht richtig, alles Eins zu machen, aber wenn es Pö a Pö geht und jeder friedliche Absichten hat, dann kann ein Zusammenleben gut gelingen. Schließlich sind auch wir Ausländer ... im Ausland.

Dir einen schönen Sonntag

Die Swan (Puh, deine Geschichte muss ich wieder in Etappen abarbeiten)

Oppi hat gesagt…

Haha.... war zu viel. Entschuldige bitte. Du hast so Recht!!!

:)

Dir auch einen schönen Sonntag.

Kunstspur in Essen 2020