Samstag, 10. Dezember 2016

Ständchen

Es war einer dieser Tage, wo die Sonne nicht wusste, ob sie nun scheinen durfte oder ob der Regen und die schwarzen Wolken sie vertreiben wollten. Dort wo Ihre Strahlen hinfielen, dort war es kuschelig warm. Vorsicht war geboten, wollte man auf das Motorrad steigen. denn in der Ferne sah es so aus, als würden die jetzt schwarzen Wolken gewinnen.

Eine kleine Weile ließ ich meine Gedanken fliegen, hier in dieser Küche, an dem kleinen Fenster, in der Wohnung einer Freundin. Ich saß auf einem hohen Barhocker, direkt unter der dem Sims. Meine Stirn berührte fast das kleine Dachfenster. Hier an diesem verwunschenen Ort, wo keine Zeit war für Ordnung und alles so aussah als hätte sich jeder Gegenstand selbst seinen Platz, bis zur nächsten Benutzung gesucht. Der Kerzenständer, auf der kleinen Fensterbank, der immer wieder nur mit einer neuen Kerze bestückt wurde,  war mit so vielen Farben betropft, dass er schon nicht mehr von der Stelle bewegt werden konnte, ohne ein Teil seines Kleides zu verlieren. Er steht dort, falls der Strom mal ausfällt, sagt meine Freundin. ;D
Manche Utensilien waren an kleine Haken gehängt. Das Sieb, der Topf , der Schaum Löffel und und und... die untersten Schranktüren konnten nicht mehr richtig zusammengeschoben werden und so konnte man in das Innenleben hineinschauen. Ja, Leben ist das richtige Wort. Diese Wohnung lebte.

Hier war alles zusammengesucht und bunt, aber es hatte Seele. Ihre Seele.

Es war das erste Mal, dass Sie mich eingeladen hat. Eine plötziche, überraschende Einladung. Zu Hause hatte ich schnell einen Tee eingesteckt, er war ein Mitbringsel von meiner letzten Reise nach Marokko. Ich wusste Sie liebt Tee. Damit konnte ich ihr eine Freude machen.

Ich hole dich auf meinem Motorrad ab, sagte Sie mir am Telefon.

Ohhh... ja... toll.... die Omas auf dem Motorrad. Klasse, dieser Tag konnte nur ein wunderbarer Tag werden.

So habe ich mich auf dieses wundersame Zweirad gesetzt und mich fest an ihren Hüften festgehalten.
Haha,... dass wir zwei genügend Platz auf dem Sitz hatten, ist schon sehr erstaunlich, denn ihre Hüften waren nicht weniger rund als meine. Zudem hatte Sie noch Ihren geliebten Teddyrucksack um.
Diese Frau ist einfach ein Unikat! Schwarze lange Haare, in denen kleine Federn und bunte Bänder geflochten sind. Um ihre Haare bindet sie ein buntes Tuch, bevor sie den Motorradhelm aufsetzt, was ihr ein bisschen das Aussehen von einer Indianerin gibt. Wow... ich mag ihren Anblick. Sie ist Sie! Sie ist lebendige Kunst und ihr Motorrad unter uns, ist wie ein altes Kanu, das seinen Weg durch die den strömenden Fluß der Straße sucht.

Jetzt hat Sie die Kaffeekanne gefunden oder die Kaffeekanne Sie.... hmmm.... Hier ist sie! ruft Pocka (so nenne ich sie heimlich) mir zu und brüht einen Kaffee auf. Ich bin rauß aus meinen Gedanken und wieder ganz bei ihr. So genieße ich es, ihr beim Aufbrühen zuzusehen. Wer benutzt heute noch so eine Druckbrühkaffemaschine? frage ich euch... Sie sicher auch nicht so oft, denn wie sagte euch bereits, sie liebt Tee. Jetzt duftet es wunderbar nach frisch gebrühtem Kaffee. Jeder von uns ist mit einer Individuellen Kaffeetasse bestückt und wir gehen mit der schwarzen, dampfenden Flüssigkeit ins Wohnzimmer. Hier wimmelt es von Nippes. Jedes Ding hat eine Geschichte und sie wird nicht müde, mir davon zu erzählen. Ich lausche aufmerksam ihren Worten. Dann zeigt Sie mir Ihre Gitarre und die selbst geschriebenen Texte. Meine Augen leuchten. Ich liebe es, dem Klang einer Gitarre zu lauschen.

"Bitte" bettele ich, spiele mir etwas vor. Wenn du vielleicht noch etwas von deinen Texten singen würdest.... ich falte flehend die Hände zusammen und setzte meinen Dackelblick ein. Das ist nicht gerecht, doch wie lautet mein Lieblingsspruch. Diese Welt ist nicht gerecht... haha...

Sie setzt sich auf ihr Bett. Das ist voll mit bunten Kissen, die sich an das geschwungene Eisengitter anlehnen. Auch eine Bunte, selbstgehäckelte Pachworkdecke liegt als Tagesdecke über das Lacken. Direkt hinter ihr befindet noch ein kleines Dachfenster. Ein einzelner Sonnenstrahl umhüllt Pocka. Ihre getiegerte, plüschige Katze schleicht über die Fensterbank und versucht aus dem kleinen Tonkrug, den letzten Wasservorrat heraus zu schlecken. Ein wirklich schönes Bild. So würde ich am liebsten einen Block herausholen und es mit bunten Stiften festhalten.

Ich sitze auf dem Korbstuhl mit der hohen Lehne, der neben dem Dachbalken steht. Jetzt ziehe die Knie hoch und lege meinen Kopf in meine Hände, die Ellenbogen habe ich dabei auf meine Knie gestützt.

Verträumt höre ich ihrer tiefen Stimme und den Klang, der etwas verstimmten Gitarre zu.
Dann muss ich weinen, so sehr berührt mich alles. Erst rollen kleine Tropfen und dann wird es mehr ... es wird so viel, dass ich mir verstohlen ein Taschentuch aus meiner Tasche angeln muss.
Es ist, als hätte man mich in ein Buch hinein gelesen und ich dürfte für ein paar Stunden, den Zauber
der Zeilen, eines wunderbaren Schreiberlings, persönlich erleben.


Bitte schaut nicht immer auf das,
was euch die Werbung zeigt.
Habt einen eigenen, unverwechselbaren Stil.
Das ist es doch, was uns Menschen anders sein lässt.
Was uns zum Erlebnis werden lässt.

Ich wünsche euch wunderschöne, eigenen Seelennippes.

In Liebe
eure Oppi



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