Gebe mir
nicht den Fisch, sondern zeige mir, wie du ihn fängst.
Samstag,
18. Juli 2015
18:41
So fliegt der
Flieger Richtung Düsseldorf. Er kommt von Agadir mit den
Erinnerungen, der schönsten Woche meines Lebens an Bord. Seit heute ist mir
bewusst, was ich schon immer wusste, ich liebe die Menschen aber besonders, liebe ich die Armen unter Ihnen.
Und wenn man glaubt
es gibt für einen Menschen nur einen Engel. Tja, da kann ich nur sagen, jeder
Engel hat eine Familie. Ein Teil davon befindet sich im Himmel und der andere
ist hier bei uns auf der Erde.
Wo soll ich
anfangen. Einige Tage habe ich jetzt schon in Marokko verbracht. Mohammad hat mir gezeigt, wie wundervoll es ist, wenn man dienen darf und wenn
man das noch für seine Familie tun kann.
Die letzten zwei
Tage waren voller Herzlichkeiten. Die ersten, hoffe ich in diesem Lepi wieder
zu finden. Im Moment sind sie verloren gegangen. Verloren gegangen und wiedergefunden in meinem Kopf. Denn in
der Not können wir mehr, als wir für möglich halten. Hoffentlich werden Sie
wiederkehren, es wäre zu schade, viele Erinnerungen sind am Besten sofort
niedergeschrieben. Doch die Erinnerung kann mir keiner nehmen. Ganz viel Liebe
wurde in mein Herz gepflanzt. Hoffentlich kann ich diese Liebe
weitergeben, ohne dass ich zu viel davon
verliere.
So bitte ich euch um
Entschuldigung, wenn ich mich wiederhole. Doch wie gesagt, im Moment finde ich
mein Tagebuch im Lepi nicht und nur für alle Fälle, für die Fälle dass sie wirklich weg
sind, schreibe ich alles auf, was mir hier im Flugzeug in frischer Erinnerung
ist.
Wir fahren mit dem
Bus von Essaouira nach Agadir und von dort in die Sahara. Wie sagt Mohammad, in
meine City. Ich bin arm sagt er noch einmal, damit ich es nicht vergesse. Um
7.00 Uhr in der Früh, soll ich ihn wecken. Es ist nicht mehr viel Zeit zum Schlafen. Immer wieder gehen mir seine Worte durch den
Kopf. All das, hat er mir in meiner Fantasie schon einmal gezeigt. Damals war
er ein anderer Mensch, doch er war sich so verblüffend ähnlich. Haha. Er hat mir gezeigt, wie ich leben soll aber
ich konnte es nicht umsetzen. Viel zu sehr war ich immer mit all den Dingen
beschäftigt, die der Tag an Arbeit von mir verlangte. Die Familie kommt immer
zu kurz. Damals sagte er, als er ging, so kann ich nicht leben. Ja, jetzt
bekommen seine Worte immer mehr Bedeutung.
Das Alte ist so wunderschön. Wer so wohnen darf, muss, möchte, sollte Geld bekommen um das Denkmal zu erhalten! |
Zusammen, auf den Fußboden, um einen niedrigen Tisch zu sitzen. Das Essen zu teilen und zu reden. Regeln gibt es
zu beachten. Nicht mit der linken Hand teilen, das bringt Unglück. Du brauchst
kein Messer und keine Gabel. Den Löffel vielleicht, für Gussgus. Ansonsten nimmst
du drei Finger deiner rechten Hand. Das Brot und andere Leckereien stehen auf
den Tisch. Tee, Milch, Joghurt, Wasser am besten frisch, denn draußen ist es
heiß. 40 Grad zeigt das Thermometer und im Haus, ist es auch nicht kühl. Gegessen wird im Moment noch Nachts, denn es
ist Ramadan. Ich versuche es aber ohne Trinken komme ich nicht zurecht.
Manchmal lässt mich Mohammad durchschlafen. Ich habe es nicht gewagt dich zu
wecken. Das ist schade, denn ich liebe das gemeinsame Essen sehr. Hättest du
mich nicht fragen können. So wie am ersten Tag. Doch er sagt, er wollte mich nicht
stören. Das ist wieder nett. Und ja, ich hätte ja auch sagen können, vergesse
mich nicht zu wecken.
Manchmal tippt er
die Worte in sein Nokia Handy ein. Bitte helfe mir. Er weiß genau, dass ich
seine Hilfe brauche. Vielleicht möchte er wirklich mit mir leben aber so geht
es auf keinen Fall. Er kann nicht leben wie wir, das hat er mir damals gesagt
und ja, wieder sage ich, heute gewinnen
seine Worte an Bedeutung.
Wahrscheinlich stifte ich ein wenig Verwirrung mit ... vorher - nachher. Doch ich kann nicht anders und wer meine Geschichte kennt, der wird mich verstehen. Wer nicht, glaubt einfach an ein Wunder... ich tue es auch.
Doch zurück zu
unserem Tag. Wir verlassen das Haus um 9.00 Uhr. Hier haben wir zwei Tage
gelebt. Die Bilder die wir gemacht haben sprechen für sich.
Er trägt alles und
wir laufen zum Bus, leider bekommen wir keine Plätze zusammen, doch es ist ok.
Nach ca. 3 Stunden
Fahrt verlassen die ersten Menschen den Bus und wir können zusammen sitzen.
Habe ich erwähnt,
dass ich ihn liebe. Ja, ich liebe Mohammad und jeden Tag, den wir zusammen
verbringen wird er mir vertrauter. Er ist mir so nah, wirklich so nah wie ein
Sohn oder ein geliebter Mensch, mit dem man schon sein ganzes Leben zusammen
gelebt hat.
Hier im Flugzeug
spreche ich mit einer Frau. Sie sieht mich an und sieht meine Wehmut. Sie fragt
nach meiner Reise und ob ich meine Liebe verlassen hätte und das eine oder
andere. Eigentlich hätte ich sagen sollen, du bist mein Mann aber wir haben
beschlossen, du bist mein Sohn. Warum nur. Wir kennen uns schon lange. Ja,
Mohammad wir kennen uns schon lange und wir kennen uns schon lange persönlich.
Das kann man nicht erklären, das kann man nur mit dem Herzen sehen, das
verstehen nur Berber und das ist wegen ihrem Glauben, hast du gesagt.
Vielleicht Mohammad, vielleicht verstehen uns mehr Menschen als du glaubst.
Vielleicht?!
Und wieder tut es
weh, wenn ich diese Zeilen schreibe. Warum tut es nur so weh?!
Aber ich schweife
ab. Der Bus findet seinen Bestimmungsort, wir steigen aus. Wieder nimmt er mich
an die Hand. Die Leute auf der Straße sehen das verschiedene Paar. Ich überrage
ihn um 3 cm und bin sicher das Doppelte. Ich bin strong, würde er sagen. Stark.
Ja, das bin ich wohl aber er ist viel stärker.
Er trägt die ganze
Weisheit dieser Welt in sich und ich möchte so gerne von ihm lernen.
Wie hat er gesagt.
Ich möchte mich innerlich verändern und er möchte eine äußere Veränderung.Was er an sich verändern möchte, weiß ich nicht.
Seine Liebe ist
gestorben hat er mir vor Jahren gesagt. Wie lange ist das her. Moment. Wir
schreiben das Jahr 2015 und wir haben uns kennen gelernt, ich glaube es war
2008 oder 2009. Es ist also schon eine ganze Zeit her. Genau erklären kann ich
das jetzt nicht, weil ich es selbst noch nicht ganz verstehe aber mein Herz
sagt mir. Du bist es und nie im Leben möchte ich dich wieder verlieren. Nie im
Leben!
Er hat geschrieben,
du wirst mich verlassen…. Meint er jetzt oder für immer. Ich hoffe er meint nur
jetzt. Denn die Hoffnung ist alles was mir bleibt. Ich helfe dir, nein du
hilfst mir und ein bisschen kann ich vielleicht dazu tun. Ein bisschen. Denn
wenn die Hoffnung zuletzt stirbt, dann
stirbt sie nie.
Im Flugzeug zu
heulen ist wirklich schrecklich aber was soll´s, diese Menschen sehe ich nie
wieder.
So kullern mir die
salzigen Tränen in den Mund und ich fange sie mit der Zunge auf. Im Geiste sehe ich mich an seiner Hand in seiner City, noch weiß ich nicht, dass es die schönsten zwei Tage meines bisherigen Lebens werden. Was sagte meine Glücksnuss. Sie werden dich lieben. Ja, merci, danke für eure Liebe.
Genau so ist es
gemeint. SIE werden mich lieben. Sie schenken mir ihre Liebe, weil ich Mensch
bin. Geben ist besser als nehmen. Das wissen diese Menschen. Darum sind sie
glücklich, obwohl sie nichts, keine großen weltlichen Güter haben.
Geben ist besser.
Irgend jemand hat mir mal gesagt, es war mein Tai Chi Lehrer, Meister Wang,
wenn ich mich recht erinnere. Nehme Parfüm mit einem Zerstäuber und versuche
etwas vom Duft auf einen anderen Menschen zu sprühen, ohne etwas davon mit zu
bekommen. Genau so ist es. Psch, psch….Es geht nicht, immer sprühst du auch etwas Duft auf
dich.
Lachen muss ich. Die
Stewardess ist gerade durch die Reihen
gegangen und ich habe Zigaretten für Stephan und Christoph gekauft. Darf ich
ihre Zigaretten oben in das Fach legen. Yes plaese, sage ich. Haha und bemerke,
dass ich auf Englisch geantwortet habe. Beim Einstieg in die Condor Boeing, sage
ich, als die Stewardess mich
Willkommen heißt, MERCI. Hahah… ich bin ein Sprachgenie… lach… obwohl ich nur
die einfachsten Worte kenne. Ich danke dir Abdullah, dass du mit mir Englisch
gesprochen hast. Ich habe soviel gelernt von dir. So sehe ich ihn vor mir, die
Hände zusammen genommen, so dass das berbische Zeichen von Gott zusammenkommt
und sich bei Gott bedankend, dass ich seine englischen Worte verstehe. Denn
eigentlich, kann er nicht gut Englisch und mein Englisch schlummert in den
tiefsten Tiefen meines Gehirns.
Nach der langen
Fahrt stehen wir jetzt in Mohammads City und er kauft Brot und Trinken für
die Familie ein. Moment sagt er und lässt mich das erste Mal alleine stehen.
Damit ich wohl weiß, wie sicher ich in dieser mir fremden Umgebung bin. Die
Menschen hier sind nett, sagte er einmal. Du wirst viel Armut sehen, aber die
Menschen sind die besten.
So stehe ich mit
meinem modernen Koffer in der Hitze, es werden wohl so um die 40 Grad sein.
Gegessen habe ich nicht viel, aber getrunken. Er kommt zurück und führt mich
wieder ein paar Schritte weiter. Dort geht er in einen Laden und kauft noch
etwas, ich frage nach dem Milch Mix mit Avocado. Ich liebe dieses Getränk und
er lacht. Geht zurück und kauft es sofort für mich. Er weiß wie sehr ich es
liebe. Dann geht es mit dem Wüstentaxi weiter. Es sind noch 2 Stunden bis zu
seiner Provinz Guelmim.
Und wir teilen die
hintere Bank mit einem Freund von ihm. Die beiden unterhalten sich und ich sitze dazwischen. Aufmerksam verfolge ich die Unterhaltung. Ich kenne seine Art, wie er spricht und
lacht. Wie er erzählt und seine Lippen bewegt. Mohammad du bist mir so vertraut und ich folge jedem Wort.. aber ich verstehe nichts. :)
Die Fahrt dauert
zwei Stunden, immer wieder zeigt er auf die Landschaft. Irgendwann verstehe ich, er meint die Bäume. Anfangs wusste ich nicht,
wenn er das Wort Argan sagte, was er meinte. Jetzt weiß ich, es ist das Gold
der Wüste. Eine Frucht aus der Öl gewonnen wird. So wie die Olive. Das Öl
schmeckt leicht und kräftig. Es wird zu den Speisen gereicht und man tunkt sein
Brot hinein. Ich liebe es, das Brot zu brechen, es in einen der Schälchen zu
tunken, um es dann mit meinen drei Fingern der rechten Hand, in meinen Mund zu
verstecken. Überhaupt liebe ich es, so zu Essen wie die Berber. Das Sitzen an
einem Tisch mit Freunden, gefällt mir ja auch zuhause aber hier ist noch etwas
intensiver. Ich habe das Gefühl, hier wird nur gegessen. Genau das sagt
Mohamad. Wir essen hier immer. Seine Großmutter sagt, alles im Wechsel essen, trinken, arbeiten, schlafen - so muss es sein. Immer im Wechsel. Ja, die Frau
spricht Recht. Unvergesslich werden
diese 1 1/2 Tage für mich bleiben. 2 Mal
darf ich in dem Haus eines Freundes übernachten. Wenn ich es heute aus den
Zimmern meines Gehirns hervorhole, erscheint es mir sehr unwirklich. So, als
hätte ich das alles nur geträumt, doch das ist nicht möglich, dann ich habe ja
die Fotos als Beweis.
Wir kommen mit dem
Wüstentaxi in seine City an und der Weg führt über Schotter zu seinem Haus. Hier wurde viel gearbeitet. Zwei Zimmer im Eingangsbereich sind neu und die Diele. Sie
stehen im Rohbau. Daran vorbei kommen wir in den kleinen Innenhof. Rechts ist
ein Waschraum und die Toilette. Alles ist peinlich sauber. Über einen kleinen
Raum in dem ein Schrank und ein Kühlschrank steht, kommt man in das Schlafwohnesszimmer. Die Wände sind mit weißer Farbe gekalkt. Die Luft ist zu
warm. Er zeigt mir die Wohnung. Ich begrüße seine bezaubernde Schwester
Khadija. Khadija heißt die erste Frau Mohammads, sagt mir mein Freund. Eine
wunderschöne Frau. Schwarze Haare im Nacken streng zusammengebunden. Ein rotes,
langes Kleid mit weißen, großen Blüten trägt sie und ein wunderbares Lachen.
Ich liebe Sie sofort und möchte meinen Blick nicht von ihr wenden. Sie zeigt
mir das Haus. Hier ist ein Zimmer und dort schläft Großmutter. Vorsichtig gehe
ich die Stufen hoch. Die Decke berührt fast meinen Kopf und ich beuge mich
etwas vor. Die Wände sind dunkel und ohne Farbe. Auf den Stufen stehen noch
Mörtelsäcke und es liegen Sachen dort. Meine Augen sehen Armut und ich versuche
nicht richtig hinzusehen. Denn mein Herz würde viel zu traurig und die Angst,
Sie könnte es merken, lässt mich oberflächlich sein. Oben auf dem Dach kann man
die Zerstörung sehen, hat aber auch einen weiten Blick über das Land. Hier hat
das Wasser ganze Arbeit geleistet. Die Häuser wurden zum Teil weg geschwemmt.
Es ist mehr als traurig. Ja, ich werde Mohamad heiraten. Wenn er nicht mehr
hier leben möchte, dann soll er zu mir kommen. Ich denke zwar, dass er hier
glücklich ist aber er sieht es anders.
Manchmal glaube ich,
er tut es nur für mich, weil ich seine Mutter bin aber ich habe es
offensichtlich vergessen. Meine Seele ist wohl zu alt. Ja, ja wir sind ein
bisschen verrückt. Doch wir lieben uns auf unsere ganz eigene Art.
Dann sehe ich Sie.
Seine Großmutter. Sie trägt einen grünen Schal um den kleinen Kopf und einen Berber Rock. Der kleine Kopf
passt, bei der Begrüßung, in meine Hände und Sie sagt immer wieder Merci, merci,
merci… Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen. Ihre Stimme ist hell und klar.
Sie ist so zart wie Mohamad und ich liebe Sie. Ich kann Sie gar nicht mehr los
lassen. Wenn ich das jetzt hier schreibe, habe ich Tränen in den Augen, weil
ich Ihre vor mir sehe und ich sehe die ganze Trauer ihrer Zeit auch wenn Sie
lacht und immer wieder ihre gelernten Worte vorsagt. Ich sehe ihren Schmerz.
Den Verlust, den Sie zu tragen hat. Was soll nur aus ihr werden, wenn Mohamad
nach Deutschland kommt. Was wird aus dieser wunderbaren alten Frau, die
heimlich ihren schlimmen Husten hat. Das ist wohl auch der Schmerz, der in
ihrer Brust ist. Wer verwindet schon den Tot seines Kindes. Niemand auf dieser
Welt. Meines war noch nicht geboren und trotz dem weiß ich, etwas zu tragen, unter
dem Herzen und es später zu verlieren, es nicht oder nicht mehr in den Armen
halten zu dürfen, das tut so weh, für immer.
Aber wir lachen und
drücken uns, wie Menschen, die sich
immer schon kannten. Bitte bleibe noch, sagte Sie einmal. Ich habe die
Worte verstanden, obwohl Sie nicht in meiner Sprache waren. Bitte bleibe noch
eine Weile. Dann macht Sie mit ihren Händen eine flatter Bewegung und geht hoch
und runter mit ihrer rechten Hand. Sie schüttelt den Kopf. Was soll ich machen,
mein Flugzeug ist gebucht und ich kann nicht mehr bleiben. Selbst wenn ich
wollte. Es ist ja keine Busfahrkarte, wo ich auch den nächsten nehmen könnte.
Auch hat sich Christoph, mein Sohn, von zuhause gemeldet. Mama, wenn du wieder
zuhause bist, müssen wir zum Arzt. Mein Fuß ist dick und meine Hand. Das
schlechte Gewissen, die Jungs alleine gelassen zu haben und mich auf eine Reise
zu begeben, obwohl unsere Kasse leer ist. Das ist es wohl, warum ich auch erst
gar nicht den Versuch unternehme, noch ein bisschen bleiben zu können. Heute, wo
ich diese Zeilen schreibe, weiß ich, mein Herz ist dort geblieben. Dort bei den
Menschen. Ich sehe mich auf dem Stein sitzen und in die Ferne schauen. Einfach
so. Es ist heiß und die Vögel singen. Nichts anderes kann die Ruhe stören und
ich lausche. Lausche der Stille.
Bitte lasse uns hier
sitzen und Rast machen. Sage ich zu den Brüdern, die mir die nähere Umgebung
zeigen. Ich stecke in dem Kleid, das Mohamad mir geschenkt hat. Es hat die
Farbe des Sandes aus Essaouira. Mein Kopf steckt in einen Berberhut und um den
Schultern habe ich ein wunderbares weißes Tuch, ein Geschenk von Khadija. Ich
bin der Zeit etwas verrückt und fühle mich wundervoll. Meine Füße stecken noch
in den Schlappen, die ich für die Reise von meiner Freundin Klaudia bekommen
habe. Sie haben die Farbe, der Stickerei
von meinem Tuch. Ein wunderschönes Türkis, so wie das Wasser, das von der
Quelle aus den Weg entlang, von seinem Dorf in ein anderen Dorf fließt.
Jedes Dorf bekommt
einen Tag das Wasser. So erklärt mir Mohamad. Es wird umgeleitet. Bekommt euer
Dorf dafür Geld. Frage ich. Ja, sagt er. Und das macht mich zufrieden. Ein
bisschen Gerechtigkeit sehe ich dann doch. Ich weiß, die Regierung könnte mehr
für die Menschen, deren Häuser zerstört wurden und deren Familien nicht mehr
vollständig sind, tun. Mohamads Mutter ist in den Fluten gestorben. Der Bus ist
vom Weg abgekommen und die Wassermassen haben ihn mit der Strömung mitgenommen.
Vierzehn Menschen sind in diesem Bus gestorben. Im letzten Jahr war das. Lieder
wurden geschrieben. Eine CD habe ich von Abdullah seinem Bruder bekommen. Er
selber hat Musik gemacht. Ist viel auf Hochzeiten gewesen. Doch jetzt, wo seine
Mutter gestorben ist, da lässt er die Musik. Seiner Mutter zur Liebe. Sie
mochte es nicht so sehr, dass er musizierte.
Wir gehen den Weg
und bald hören wir lautes Lachen. Junge Männer baden, in einem der gemauerten
Becken, wo das Wasser der Quelle hineinfließt.
Es ist ein Spaß bei
diesem Wetter. Immerhin ist es über 40 Grad warm. Mohamad spricht mit Ihnen,
alle lachen, ich sage Ca va und wir gehen noch eine Weile.
Bald wollen wir
zurück, weil wir noch mit dem Auto reisen möchten. Dieser Tag hat wundervoll
begonnen und ich bin gespannt darauf, wie er weiter geht. Innerlich habe ich
mich schon auf das Ende der Reise vorbereitet nicht wissend, das der Höhepunkt
noch kommt. 7
So laufen wir den
Weg zurück. Treffen in der Mitte auf den Mathematik Professor von Abdullah und
unterhalten uns. Auch er kann Französisch besser als Englisch. So stehe ich mit
meinen Vokabeln noch ganz gut da. Immerhin hatte ich die letzte Englischstunde
vor 38 Jahren und ich muss zugeben, gelernt habe ich nicht mehr. Abdullah freut
sich so sehr. Seine Augen strahlen. Er erzählt, dass er jetzt Englisch spricht
und ist mächtig stolz. Ich höre gespannt zu. Begrüße die kleinen Töchter des Professors und
bekomme Küsschen. Das machen die Kinder auf Wunsch der Eltern. Die Hand zu
geben, ist viel zu wenig. Ich finde es schön und den Mädchen gefällt es auch
mich zu küssen.
Wir haben uns
verabschiedet, nicht ohne zu lachen und noch ein paar Mal den Blick nach hinten
zu werfen, auf unserem Weg. Abdullah lacht, mein Professor spricht auch nicht
gut Englisch, wie ich, sagt er. Immer wieder bedankt er sich, weil er ja jetzt
Englisch spricht. Wegen mir. Das findet er so toll.
Mohamad nimmt mich
bei der Hand und läuft etwas schneller. Sein Bruder wartet. Wir wollen noch
etwas unternehmen aber ich habe nicht verstanden was. Ich weiß nur, für
Großmutter ist es zu schwierig diesen Weg zu gehen. Es ist zu heiß. Dann lasse
ich mich überraschen.
Zu Hause angekommen
setzen wir uns in den Wagen und fahren zum Dorf mit der reichsten Dattelzucht.
Mohamad und Casa gehen in die Mosche. Heute ist der letzte Tag Ramadan und das ist wichtig.
Abdullah lässt für
mich das Beten und zeigt mir die Umgebung, er betet ein anderes Mal. Es ist
wunderschön. Die kleinen Wege tragen rechts und links, Kopf hohe Mauern , aus
rotem Lehm. Am oberen Ende der Mauer ragen die Blätter der Palmen heraus. Auf
meine Frage, wozu das ist, sagt Abdullah, es ist Tradition. Das ist ein Wort,
was sich so in mein Hirn eingeprägt hat, wie die Frucht Argan. Ja, die
Tradition wird in diesem Land oder besser bei den Berbern noch groß
geschrieben.
Unsere Fahrt geht
bald weiter und wir fahren in die Western Sahara, es ist 40 Grad heiß und wenn
ich aus dem Fenster schaue, sehe ich vor meinem geistigen Auge die Indianer und
die Cowboys vorbei reiten. Nein, in Wirklichkeit höre ich wie Sadik mir immer wieder sagt.
Schau dort wird Marmor abgebaut, oder: schau das Dorf, oder wie so oft : dort
Argan. So gehen meine Blicke nach rechts
und links und meine Hand verschwindet in Mohammeds Haaren. Er sitzt vorne neben Casa und hat seine Füße hoch im Auto abgelegt. Er schließt die Augen und genießt
die kleinen Streicheleinheiten. Sobald ich aufhöre nimmt er meine Hand und ich
nehme seine.
Irgendwann kommen
wir an unser Ziel und steigen aus dem Auto. Das Auto hat eine Klimaanlage und
beim Türe öffnen, kommt mir eine schwüle Hitze entgegen. Ich nehme meine
Flasche Wasser und wir
gehen unseren Weg. Immer weiß ich noch nicht, dass ich drei Kilometer steil in die Höhe laufen soll. Hoch oben ist eine Festung. Die sehe ich wohl. Doch nie und nimmer denke ich, dass wir diesen Berg erklimmen wollen. Abdullah hat einen Hut auf wie ich und fast hätte ich ihn nicht wieder erkannt. Ich sage es und wir lachen.
gehen unseren Weg. Immer weiß ich noch nicht, dass ich drei Kilometer steil in die Höhe laufen soll. Hoch oben ist eine Festung. Die sehe ich wohl. Doch nie und nimmer denke ich, dass wir diesen Berg erklimmen wollen. Abdullah hat einen Hut auf wie ich und fast hätte ich ihn nicht wieder erkannt. Ich sage es und wir lachen.
Hui, die Stunden im
Flugzeug sind schnell vergangen und ich mache jetzt hier eine Pause.
Zuhause werde ich
den Rest des Tages vervollständigen und dann noch den kleinen anderen Teil, bis
zu meiner Abreise.
ARGAN |
Bis später eure Oppi
2 Kommentare:
Liebe Oppi!
Nun sitze ich hier und verschlinge fasziniert deinen Text. Ich werde ihn Stück für Stück lesen. Ist zu viel auf einmal, aber ich kann dich so gut verstehen... so gut. Wie sehr kenne ich diese Sehnsucht nach der einen, besonderen Liebe. Nach der echten Liebe überhaupt und dann einen Menschen treffen, der das mit einem teilt.
Das mit den Händen mache ich nun jeden Tag. Jedes Mal, wenn ich es mache, werde ich sofort ruhiger. Ich liebe es. Danke
Ganz herzlich Deine Swan
Liebe Swan...
um es mit Großmutters Worten zu sagen.
Merci, merci, merci...
Dass du ruhiger wirst, wundert mich nicht. Alle Berber sprechen so mit Gott.
Herzliche Umarmung deine Oppi
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