Montag, 3. August 2015

Zweiter Tag Agadir


So war es nicht geplant

Dienstag, 14. Juli 2015

08:56

Der Tag beginnt mit Kopfschmerzen, doch habe ich wunderbar geschlafen. Der Kaffee fehlt mir. Es ist der Entzug, das ist wohl klar. Giftstoffe werden dem Körper entzogen und er reagiert mit Kopfweh.

Es ist sieben Uhr und ich lasse den gestrigen Tag noch einmal  an meinem Auge vorbeiziehen.

Eigentlich wollten wir weiter nach Essaouria, doch hat es sich verschoben. Es ist Ramadan und heute ist ein ganz besonderer Tag. Es ist die Nacht des Bethens. So gehen die Männer in den späten  Morgenstunden einen Akku fürs Internet kaufen, ich bleibe zu Hause und schlafe noch eine Runde. Das ist gut für meinen Körper, der ein bisschen durcheinander ist.

Ramadan heißt nichts zu essen und zu trinken.  Ich trinke und esse anders, wenn du eine Medizin nehmen musst, darfst du eine Ausnahme machen. So heißt es.


Am Nachmittag geht Mohammad mit mir auf den Markt.  Auf den Weg dort hin nimmt mich Mohammad bei der Hand. Wir sind ein ungleiches Paar. Er hat ein wunderschönes Gesicht. Tiefschwarze Augen eine ordentliche Nase ohne Buckel und einen wunderschönen Mund. Die Zähne brauchten einen Arzt, doch es ist noch nicht so schlimm. Wenn er lacht sieht man es nicht so fort und ein Arzt bekommt es wieder hin, dass eine wunderbare Zahnreihe erscheint. Als wir darüber reden, schreibt er in sein Handy "Waffenstillstand" lach. So kann man etwas unangenehmes auch beenden. Ich finde die Art gut und muss lachen. Sofort ändere ich das Thema, damit er auch wieder lachen kann.
 Er ist klein. Er sagt, er misst 165, doch weil er so dünn ist, erscheint er kleiner. Auf seiner Haut ist kein Gramm Fett, doch wenn ich seinen Arm oder seine Hand halte, bemerke ich es nicht.

Er hat kleine Füße. Trägt Größe 35. So ist er im März geboren und diese Menschen sind klein. Das habe ich ihm am Abend gesagt. Meine Schwester ist klein, sie ist im gleichen Monat geboren. Napoleon und viele berühmte Persönlichkeiten sind klein. Das hat nichts mit der Größe zu tun.

 Ich dagegen bin 167 und überrage ihn ein kleines Stück. Frau trägt ja schließlich Schuhe. Lach. Das wäre nicht weiter schlimm, aber ich bin bestimmt das doppelte an Gewicht, wenn nicht noch mehr, ich bin ein Mensch. Dann bin ich blond, habe lange Haare und helle grüne Augen. Auch bin ich 32 Jahre älter als er. Wir ziehen die Blicke der Menschen auf uns und er findet es nicht besonders gut.

Die Menschen hier in Marokko haben nichts anderes zu tun, als zu glotzen, sagt er und verdreht die Augen, dabei schüttelt er den Kopf. Ich bemerke das gar nicht, weil es mich nicht weiter stört. Ich glaube, er hat eine sehr empfindliche Seele.

Glaubt mir, ich komme aus den Staunen nicht mehr heraus. Das kann man wirklich Markt nennen. Wir kaufen traditionelles Parfüm bei einer Berberin. Sie hat eine große Decke ausgebreitet zwischen den Läden, in denen Gewürze angeboten werden. Es ist ein riesiger Markt.  Überall wird man von dem orientalischen Angebot gefangen genommen. Von der Decke hängen bunte Gewänder und Kristallleuchter, in den Vitrinen glitzert der Schmuck. Später kaufen wir bei einem Händler traditionelle Düfte und ein grobkörniges Pulver für das Feuer. Es ist ein Duft zum Verbrennen. Das ist gut für die Luft zum Atmen. Der Händler schmeißt etwas von seiner Wahre in ein kleines Feuer und wedelt mit der Hand, sodass der Qualm in meine Nase steigt.  Es ist mehr als eine Art von Räucherstäbchen, es befreit meine Nase und ich merke, wie es meinen Kopf frei schaufelt, in Windeseile.

 Es lebt der ORIENT. Die Frauen tragen bunte Stoffe und stehen in keiner Konkurrenz mit den leuchtenden und bunten Dingen in den kleinen Geschäften. Gold und Silber und glitzernde Lampen zaubern Punkte in Ihren dunklen Augen. Manchmal sind auch nur diese zu sehen, denn alles andere ist gut verhüllt und unsichtbar für Männerblicke. Besonders zur Zeit des Ramadan darf der Mann keine andere Frau ansehen. Das ist verboten.

Mohammed kauft mir auch  traditionelle Schminke von einer Berber Frau. Es ist Natur und besteht aus einem gemahlenen Stein. Eine Marktlücke finde ich. Die Frauen heute suchen natürliche Schminke. Du brauchst es nicht abwaschen und es hat einen angenehmen Duft. Zum Auftragen hat man kleine bunte Gefäße, in denen ein Holzstäbchen steckt. So sieht es auch noch sehr hübsch aus. Ich habe mich auf jeden Fall sofort verliebt.

Ich erkenne viele Parallelen, zwischen dem Menschen, den ich einmal geliebt habe und Mohammed. Die Art wie er die Stimme erhebt und  der Klang. Wie er sein Gesicht bewegt beim Sprechen und diese Lippen. Auch die Art zu Laufen erinnert mich. Dann merke ich, dass er mich genau so von der Seite anzusehen pflegt. Es schmerzt und ist doch schön. Mein Engel. 


Es ist eine große Verantwortung, die ich für diesen Menschen übernehmen soll. Ich weine, wenn ich daran denke, dass ich ihn aus seiner Tradition reiße, denn Sie ist sein Leben. Sie ist alles, was er im Moment hat. Er ist arm und ohne Eltern. Ich glaube, wenn eine Mutter stirbt, fühlt man sich furchtbar alleine.  Jetzt kann ich es nicht verhindern, wenn die Welt und Gott mir gnädig ist, dann werde ich zu erst sterben und dann verliert er seine Mutter ein zweites Mal. Der Gedanke daran, lässt wieder Tränen über meinem Gesicht rollen.

So gehen wir über den Basar und er ist wirklich glücklich. So fühlt es sich in meiner Hand an. Wir kaufen Obst für den Obstsalat ein und er handelt. 8 Euro geben wir für das Essen und meine traditionellen Geschenke aus. Er wird gut Haushalten aber es ist nicht einfach, mit einer Europäerin an seiner Seite. Ich werde zum Goliat sagt er einmal, weil ein Händler ihn offensichtlich über den Tisch ziehen möchte.


 In einer Ecke kann man Fleisch kaufen und dann wieder Brot und Pfannkuchen. Überall riecht es wunderbar nach Parfüm, Gewürzen und Obst. Er kauft gepressten Orangensaft, für den Obstsalat, den er am Abend für mich bereitet. Er handelt und der Verkäufer lässt etwas aus der Flasche wieder in eine Schüssel zurück regnen. Für das Geld, was er gibt, bekommt er nicht die volle Flasche, doch ich erkenne, der Handel ist perfekt, auch wenn ich kein Wort verstehe.

So gehen wir noch eine Runde über den Markt und dann geht es nach Hause. Ab und an fragt er nach dem Weg. Ich hätte es mir nicht merken können. Aber er ist gut im Navigieren. Darüber freue ich mich und laufe tapfer mit. Natürlich können wir nicht jeden Weg zu Fuß machen und ab und an fahren wir mit dem Taxi. Das ist hier nicht so teuer und es liegt in unserem Ermessen.




Am Abend bereitet er mir seinen wunderbaren Obstsalat. Er ist nur für mich und liegt ein bisschen auf Eis, sodass  die Früchte angenehm kühl sind und der Saft sich leicht kristallisiert hat. Es schmeckt so wunderbar. Er würde gerne in Deutschland Obstsalat verkaufen. Es ist ein besonderes Rezept. Dem stimme ich zu, es schmeckt wirklich hervorragend.

 Morgen  fahren wir weiter und wir müssen uns von seinen Freunden und seinem Bruder verabschieden. Schade, ich habe mich schon so an diese Gesellschaft gewöhnt. Wunderbarere Menschen
.  

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